Die Tochter einer Borderline Mutter

Dein Kind ist geboren, du hältst es in den Armen, aber du bist nicht glücklich, du wirst es niemals sein. In deinem Neugeborenen siehst du einen Menschen, der dir Halt, Nähe, Liebe und Glück bringen soll, all` das, was du dir selbst aufgrund Deiner Lebensgeschichte nicht zu geben in der Lage bereit bist.

Der Säugling schreit, hat eigene Bedürfnisse. Du fühlst dich gefordert, bist wütend über seine Ansprüche. Das Schreien wird lauter, fordernder, du empfindest es als "böse", da es in deiner Welt nur "gut" (= pflegeleicht) und "böse" (=anspruchsvoll) gibt.

Du liebst dich nicht, und deshalb kannstdu auch dein eigenes Kind nicht lieben. Auch dessen Vater liebst du nicht. Was du an ihm verachtest, verachtest du auch an eurem Kind, was du an ihm abwertest, wertest du auch an deinem Baby ab.

Lieben bedeutet einen Menschen ganz anzunehmen.

Du hast dich selbst niemals ganz angenommen, nicht dein Trauma, deine Wunde (sonst wärest du nicht Borderlinerin). Folglich wirst du auch keinen anderen Menschen ganz annehmen in seiner Eigenart, in seiner Einzigartigkeit, in dem, was er ist, wenn er es nicht für dich ist.

Dein Kind wird leiden, weil du selbst gelitten hast und leidest. Du wirst dich zur Täterin machen aus deinem Opferstatus heraus. Da man deine Bedürfnisse negiert hat, wirst du die deines Kindes negieren. Das Bedürfnis nach Achtung ist elementar. Du wirst dein Kind mit Missachtung, Verachtung, Vernachlässigung strafen, mit Liebesentzug bedrohen und gefügig machen aus deiner Angst vor dem Verlassen werden heraus. Damit wirst du dein Kind im Stich lassen, wirst es verlassen.

Dein Kind saugt Deine Gefühle auf. Deine Gefühle zeugen von deinem Trauma. Und so saugt dein Kind dein Trauma in sich auf. Es wird ihm zur zweiten Haut werden oder aber es ausschließlich umhüllen, abhängig davon, ob es in seiner Nähe liebesfähige Menschen gibt.

Ich fand diesen Text online und die Verfasserin ist mir unbekannt, aber ich hätte es nicht besser beschreiben können. Als ich ihn zum ersten Mal las, konnte ich nicht anders als weinen und tief aus meinem Inneren kamen die Worte: "Was habe ich nur getan..." Heute kann ich den Text emotionslos lesen  und auch verstehen, vergeben was unsere Geschichte war. Echte Vergebung bedeutet für mich Frieden. Frieden mit einem Menschen oder einer Situation. Erst dann kann ich ohne emotionale Altlasten schauen und wahrnehmen, was wirklich passierte und was es bewirkte. 

Nika

2019/2024